Abstract Keynote 1
Prof. Dr. Fritz Staub
Universität Zürich
Originalversion:
Kooperation von Lehr-Lernforschung und Unterrichtspraxis als Grundlage für die Entwicklung professionellen Wissens in der Lehrpersonenbildung
Die empirische Bildungsforschung der letzten Jahrzehnte hat eine beeindruckende Fülle an empirischem Wissen um Bedingungen, Gestalt und Wirkungen von Bildungsprozessen hervorgebracht. Von professioneller Unterrichtspraxis wird zunehmend erwartet, dass diese evidenzbasiert sei, Lehrpersonen aktuelle wissenschaftliche Befunde und Theorien situationsangemessen für ihr professionelles Handeln berücksichtigen. Die Nutzung von Wissen über Bildungsprozesse für professionelles Handeln ist voraussetzungsreich, komplex, zeitintensiv und bleibt mit Unsicherheit behaftet. Lehrpersonen verhalten sich in hohem Masse auch erfahrungsbasiert. Die Lehrperson als autonomer Anwender von Grundlagenwissen ist eine Idealisierung, Professionalisierung ist im sozialen Kontext zu verstehen. Zur Professionalisierung wurden in den letzten Jahren neue Formen der Kooperation zwischen Akteuren aus der Unterrichtspraxis, der Lehrerinnen- und Lehrerbildung und der Bildungsforschung entwickelt, wie beispielsweise Design-Based-Research, Lerngemeinschaften im third space oder Unterrichtscoaching. Für in Einzelfällen realisierte Entwicklungen oder für Innovationen aus experimentellen Studien kann deren Übertragbarkeit in spezifische Praxisfelder und ihre Wirksamkeit mittels auf Randomisierung basierenden Interventionsstudien auf belastbare Weise geprüft werden. Während die Kooperation unter Lehrpersonen und Dozierenden der Lehrpersonenbildung als Bedingung für Schul- und Unterrichtsentwicklung zunehmend untersucht wird, ist dies für die Kooperation zwischen Akteuren aus der Forschung und der Unterrichtspraxis bisher noch kaum der Fall. Lehr-Lern-Forschung, die mittels Interventionsstudien zur Weiterentwicklung von Praxis beitragen will, setzt auf vielfältige Weise die Kooperation mit Akteuren in der Unterrichtspraxis voraus. Am Beispiel von Interventionsstudien zum Coaching im Praktikum und zur Förderung algebraischer Flexibilität im Mathematikunterricht werden in der Präsentation die Kooperation zwischen den Akteuren in der Praxis und der Forschung fokussiert und deren Bedeutung für gelingende Ko-Konstruktion von praxisrelevantem Wissen diskutiert.